Wenn die Pflegebedürftigkeit zunimmt und die Versorgung zu Hause organisiert werden muss, stehen Angehörige vor einer der wichtigsten Entscheidungen ihres Lebens: Welche Betreuungsform bietet die beste Versorgung für ihre Liebsten – und ist diese überhaupt finanzierbar? Die Wahl zwischen 24-Stunden-Pflege und ambulantem Dienst beschäftigt derzeit über 4,1 Millionen pflegebedürftige Menschen und ihre Familien in Deutschland. Beide Modelle versprechen häusliche Pflege, unterscheiden sich jedoch grundlegend in Betreuungsumfang, Flexibilität und Kosten.
Dieser umfassende Ratgeber vergleicht die 24-Stunden-Pflege vs. ambulanter Dienst in allen relevanten Aspekten: von den tatsächlichen monatlichen Kosten über die Leistungsunterschiede bis hin zu den Finanzierungsmöglichkeiten durch Pflegekasse, Pflegegeld und weitere Zuschüsse. Sie erfahren, wann welches Modell sinnvoll ist, wie Sie die Entscheidung treffen und welche Kombinationsmöglichkeiten existieren. Mit konkreten Kostenbeispielen, Praxisfällen und einer detaillierten Gegenüberstellung erhalten Sie alle Informationen, die Sie für eine fundierte Entscheidung benötigen.
Ob Sie sich für einen ambulanten Pflegedienst, eine 24-Stunden-Betreuung zu Hause oder eine Kombination beider Modelle entscheiden – am Ende zählt die Lebensqualität Ihrer Angehörigen und Ihre eigene Entlastung als pflegende Person.
Was ist ein ambulanter Pflegedienst? Definition und Leistungsumfang
Ein ambulanter Pflegedienst ist ein professioneller Dienstleister, der pflegebedürftige Menschen in ihrem eigenen Zuhause versorgt. Die Leistungen werden durch examinierte Pflegefachkräfte und Pflegehelfer erbracht, die zu festgelegten Zeiten in die Wohnung kommen. Der ambulante Dienst wird auch als Pflegedienst, häusliche Krankenpflege oder mobile Pflege bezeichnet.
Typische Leistungen ambulanter Pflegedienste
Die Aufgaben ambulanter Dienste gliedern sich in drei Hauptbereiche, die sich nach den Vorgaben des SGB XI (Sozialgesetzbuch Elftes Buch) richten:
Grundpflege (körperbezogene Pflegemaßnahmen):
- Körperpflege: Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Rasieren
- Ausscheidungen: Hilfe bei Toilettengängen, Inkontinenzversorgung, Katheter-Pflege
- Ernährung: Zubereitung von Mahlzeiten, Hilfe beim Essen und Trinken
- Mobilität: Aufstehen, Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Lagerung
Behandlungspflege (medizinische Versorgung):
- Medikamentengabe und Überwachung der Einnahme
- Wundversorgung und Verbandswechsel
- Injektionen (z.B. Insulin bei Diabetes)
- Blutdruck- und Blutzuckermessung
- An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen
- Versorgung von Kathetern, Sonden oder Stoma
Hauswirtschaftliche Versorgung:
- Einkaufen und Besorgungen
- Kochen und Zubereitung von Mahlzeiten
- Reinigung der Wohnung
- Wäschepflege
- Beheizen der Räume
Die Leistungen werden in sogenannten Leistungskomplexen abgerechnet, die jeweils bestimmte Tätigkeiten zusammenfassen. Ein ambulanter Dienst kommt typischerweise 1-4 Mal täglich für jeweils 15-60 Minuten, je nach Pflegebedarf und vereinbartem Leistungsumfang.
Rechtliche Grundlagen und Qualitätsstandards
Ambulante Pflegedienste unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben. Sie benötigen eine Zulassung nach § 72 SGB XI und müssen einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen abschließen. Die Qualität wird regelmäßig durch den Medizinischen Dienst (MD) überprüft. Die Transparenzberichte dieser Prüfungen sind öffentlich einsehbar und helfen bei der Auswahl eines geeigneten Dienstes.
Die Pflegekräfte müssen über entsprechende Qualifikationen verfügen: examinierte Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger oder Pflegehelfer mit mindestens einjähriger Ausbildung. Die Behandlungspflege darf nur von examinierten Fachkräften durchgeführt werden.
Was ist eine 24-Stunden-Pflege? Modell und Betreuungsumfang
Die 24-Stunden-Pflege, auch als 24-Stunden-Betreuung oder Live-in-Care bezeichnet, ist ein Betreuungsmodell, bei dem eine Betreuungskraft dauerhaft im Haushalt der pflegebedürftigen Person lebt und sie rund um die Uhr versorgt. Trotz der Bezeichnung “24 Stunden” arbeitet die Betreuungskraft nicht durchgehend – sie hat Ruhezeiten und freie Tage, die gesetzlich geregelt sind.
Leistungsspektrum der 24-Stunden-Betreuung
Die 24-Stunden-Betreuung umfasst primär Betreuungs- und Unterstützungsleistungen im Alltag:
Grundpflege und alltägliche Unterstützung:
- Hilfe bei der Körperpflege und Hygiene
- Unterstützung bei der Mobilität im Haushalt
- Begleitung bei Spaziergängen und Aktivitäten
- An- und Auskleiden
- Inkontinenzversorgung (bei entsprechender Qualifikation)
Hauswirtschaft und Alltagsgestaltung:
- Zubereitung von Mahlzeiten nach individuellen Vorlieben
- Einkaufen und Besorgungen
- Haushaltsführung und Reinigung
- Wäschepflege
- Organisation des Tagesablaufs
Aktivierende Betreuung und soziale Begleitung:
- Gespräche und emotionale Unterstützung
- Gemeinsame Freizeitgestaltung (Lesen, Spiele, Fernsehen)
- Begleitung zu Arztterminen und Behördengängen
- Förderung von Hobbys und Interessen
- Strukturierung des Tagesablaufs
- Besondere Betreuung bei Demenz und kognitiven Einschränkungen
Nächtliche Anwesenheit:
- Bereitschaft bei nächtlichen Notfällen
- Hilfe bei Toilettengängen in der Nacht
- Sicherheit durch ständige Anwesenheit
- Beruhigung bei Unruhe oder Orientierungslosigkeit
Abgrenzung zur medizinischen Pflege
Wichtig zu verstehen: Die 24-Stunden-Betreuungskräfte dürfen in der Regel keine medizinischen Behandlungspflegeleistungen erbringen. Dazu gehören Injektionen, Wundversorgung oder die Verabreichung von Medikamenten (außer Erinnerung an die Einnahme). Für diese Leistungen muss zusätzlich ein ambulanter Pflegedienst oder ein Arzt hinzugezogen werden. Diese Kombination ist in der Praxis durchaus üblich und sinnvoll.
Rechtlicher Rahmen und Beschäftigungsmodelle
Die meisten 24-Stunden-Betreuungskräfte kommen aus osteuropäischen Ländern wie Polen, Rumänien oder Bulgarien und arbeiten auf Basis des Entsendemodells oder als selbstständige Dienstleister. Dabei sind sie bei einem Unternehmen in ihrem Heimatland angestellt und werden nach Deutschland entsendet. Die rechtlichen Grundlagen regeln die Arbeitszeiten, Ruhezeiten und Arbeitszeitmodelle nach deutschem und europäischem Arbeitsrecht.
Mehr Details zur Organisation und den verschiedenen Beschäftigungsformen finden Sie in unserem Ratgeber zur 24-Stunden-Pflege aus Polen.
Direkter Vergleich: 24-Stunden-Pflege vs. ambulanter Dienst
Die Entscheidung zwischen 24-Stunden-Pflege und ambulantem Dienst hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Beide Modelle haben spezifische Stärken und Grenzen, die je nach Pflegesituation unterschiedlich relevant sind.
Betreuungsumfang und Verfügbarkeit
Ambulanter Pflegedienst:
Der ambulante Dienst kommt zu festgelegten Zeiten, typischerweise 1-4 Mal täglich für jeweils 15-60 Minuten. Die Einsatzzeiten werden im Vorfeld vereinbart und richten sich nach einem festen Tourenplan. Bei unvorhergesehenen Ereignissen außerhalb der vereinbarten Zeiten ist keine Betreuungsperson vor Ort. Die pflegebedürftige Person ist zwischen den Einsätzen allein – was bei fortgeschrittener Pflegebedürftigkeit oder Demenz problematisch sein kann.
24-Stunden-Betreuung:
Die Betreuungskraft lebt im Haushalt und ist grundsätzlich rund um die Uhr anwesend. Sie kann flexibel auf Bedürfnisse reagieren, spontane Hilfe leisten und bietet kontinuierliche Gesellschaft. Besonders bei Demenz oder nächtlichem Betreuungsbedarf ist diese ständige Anwesenheit ein großer Vorteil. Allerdings hat auch die Betreuungskraft gesetzliche Ruhezeiten und freie Tage, die eingeplant werden müssen.
Flexibilität und Individualisierung
Ambulanter Pflegedienst:
Die Leistungen sind standardisiert und werden in festen Leistungskomplexen abgerechnet. Der Tagesablauf richtet sich nach dem Tourenplan des Dienstes – die pflegebedürftige Person muss sich anpassen. Spontane Änderungen sind schwierig umzusetzen. Dafür arbeiten examinierte Fachkräfte nach professionellen Standards und dokumentieren alle Leistungen lückenlos.
24-Stunden-Betreuung:
Der Tagesablauf bei der 24-Stunden-Pflege kann individuell an die Gewohnheiten und Vorlieben der betreuten Person angepasst werden. Essenszeiten, Aktivitäten und Routinen bleiben flexibel. Die Betreuung erfolgt in vertrauter Umgebung mit einer festen Bezugsperson, was gerade bei Demenz wichtig ist. Allerdings hängt die Qualität stark von der einzelnen Betreuungskraft ab.
Soziale Komponente und Lebensqualität
Ambulanter Pflegedienst:
Die Pflegekräfte wechseln häufig – mal kommt Schwester Anna, mal Pfleger Thomas. Eine persönliche Beziehung kann sich kaum entwickeln. Die Versorgung ist effizient, aber oft unpersönlich. Zwischen den Einsätzen ist die pflegebedürftige Person allein, was zu Einsamkeit führen kann.
24-Stunden-Betreuung:
Es entsteht eine persönliche Beziehung zwischen Betreuungskraft und betreuter Person. Gemeinsame Mahlzeiten, Gespräche und Aktivitäten strukturieren den Tag. Die ständige Anwesenheit gibt Sicherheit und verhindert Isolation. Allerdings muss die Chemie zwischen beiden Personen stimmen – das Zusammenleben mit einer 24-Stunden-Pflegekraft erfordert gegenseitige Rücksichtnahme und Anpassung.
Medizinische Versorgung
Ambulanter Pflegedienst:
Examinierte Pflegefachkräfte dürfen und können Behandlungspflege durchführen: Medikamentengabe, Wundversorgung, Injektionen, Katheterversorgung etc. Die medizinische Versorgung ist umfassend und wird von der Kranken- oder Pflegekasse übernommen. Die Dokumentation erfolgt professionell und lückenlos.
24-Stunden-Betreuung:
Die Betreuungskräfte dürfen keine medizinischen Behandlungspflegeleistungen erbringen. Für Injektionen, Wundversorgung oder Medikamentengabe muss zusätzlich ein ambulanter Dienst oder Arzt beauftragt werden. Die Betreuungskraft kann jedoch an die Medikamenteneinnahme erinnern und bei der Organisation der medizinischen Versorgung helfen.
Voraussetzungen im Wohnraum
Ambulanter Pflegedienst:
Es sind keine besonderen Voraussetzungen nötig. Der Dienst kommt in die bestehende Wohnung, unabhängig von Größe oder Ausstattung. Allerdings sollte die Wohnung barrierefrei oder zumindest barrierearm sein, damit die Pflege gut durchführbar ist.
24-Stunden-Betreuung:
Die Betreuungskraft benötigt ein eigenes Zimmer im Haushalt. Die räumlichen Voraussetzungen für 24-Stunden-Pflege umfassen idealerweise ein separates Zimmer mit mindestens 8-10 m², ein eigenes oder zumindest gut zugängliches Badezimmer und ausreichend Privatsphäre für die Betreuungskraft. In kleinen Wohnungen kann dies problematisch sein.

Kostenlose Beratung zur 24-Stunden-Betreuung – individuell und unverbindlich
Angebot anfordern Beraten lassenKosten im Detail: Was kostet ambulante Pflege wirklich?
Die Kosten ambulanter Dienst setzen sich aus verschiedenen Faktoren zusammen und variieren je nach Region, Anbieter und Leistungsumfang erheblich. Viele Angehörige unterschätzen die tatsächlichen monatlichen Kosten, da sie nur die Zuschüsse der Pflegekasse im Blick haben.
Abrechnungssystem und Leistungskomplexe
Ambulante Pflegedienste rechnen ihre Leistungen über sogenannte Leistungskomplexe (LK) ab. Jeder Leistungskomplex fasst bestimmte Tätigkeiten zusammen und hat einen festgelegten Preis, der regional unterschiedlich ist. Die Preise werden zwischen den Pflegediensten und den Pflegekassen ausgehandelt.
Beispiele für Leistungskomplexe:
- LK 1 – Ganzwaschung: Komplette Körperpflege inkl. Haare waschen, Rasieren – ca. 25-35 €
- LK 5 – Hilfe beim Toilettengang: Unterstützung bei Ausscheidungen – ca. 8-12 €
- LK 13 – Zubereitung einer warmen Mahlzeit: Kochen und Anrichten – ca. 12-18 €
- LK 15 – Große hauswirtschaftliche Versorgung: Reinigung, Wäsche, Einkauf – ca. 25-35 €
Die Preise variieren zwischen Bundesländern und sogar zwischen Landkreisen erheblich. In Ballungsräumen sind die Kosten oft 20-30% höher als in ländlichen Regionen.
Realistische Kostenbeispiele nach Pflegegrad
Die tatsächlichen monatlichen Kosten hängen vom Pflegegrad und dem individuellen Versorgungsbedarf ab. Hier realistische Beispiele:
Pflegegrad 2 – Leichte Pflegebedürftigkeit:
Typischer Bedarf: Morgens Hilfe bei Körperpflege und Ankleiden (30 Min.), mittags warme Mahlzeit zubereiten (20 Min.), abends Hilfe beim Auskleiden und Toilettengang (20 Min.)
- Monatliche Gesamtkosten: ca. 1.200-1.500 €
- Zuschuss durch Pflegesachleistung (Pflegegrad 2): 796 €
- Eigenanteil: ca. 400-700 € pro Monat
Pflegegrad 3 – Mittlere Pflegebedürftigkeit:
Typischer Bedarf: 3-4 Einsätze täglich, umfassende Grundpflege, Unterstützung bei Mobilität, Inkontinenzversorgung, Haushaltsführung
- Monatliche Gesamtkosten: ca. 2.200-2.800 €
- Zuschuss durch Pflegesachleistung (Pflegegrad 3): 1.497 €
- Eigenanteil: ca. 700-1.300 € pro Monat
Pflegegrad 4 – Schwere Pflegebedürftigkeit:
Typischer Bedarf: 4-5 Einsätze täglich, intensive Grundpflege, umfassende Behandlungspflege, vollständige Haushaltsführung
- Monatliche Gesamtkosten: ca. 3.200-4.000 €
- Zuschuss durch Pflegesachleistung (Pflegegrad 4): 1.859 €
- Eigenanteil: ca. 1.400-2.100 € pro Monat
Pflegegrad 5 – Schwerste Pflegebedürftigkeit:
Typischer Bedarf: 5-6 Einsätze täglich, rund-um-die-Uhr-Versorgung erforderlich, intensive medizinische Behandlungspflege
- Monatliche Gesamtkosten: ca. 4.500-6.000 €
- Zuschuss durch Pflegesachleistung (Pflegegrad 5): 2.299 €
- Eigenanteil: ca. 2.200-3.700 € pro Monat
Zusätzliche Kostenfaktoren
Neben den Leistungskomplexen fallen oft weitere Kosten an:
- Wochenend- und Feiertagszuschläge: 20-50% Aufpreis
- Nachtzuschläge (22-6 Uhr): 30-60% Aufpreis
- Fahrtkosten: 3-8 € pro Einsatz (bei manchen Diensten)
- Investitionskosten: Pauschale für Verwaltung und Infrastruktur (5-15 € monatlich)
- Hauswirtschaftliche Versorgung: Wird oft nur anteilig von der Pflegekasse übernommen
Finanzierung durch die Pflegekasse
Die Pflegekasse übernimmt ambulante Pflegeleistungen bis zur Höhe der Pflegesachleistung für den jeweiligen Pflegegrad. Wichtig: Wird die Pflegesachleistung nicht voll ausgeschöpft, kann der Rest als anteiliges Pflegegeld ausgezahlt werden – dieses Modell nennt sich Kombinationsleistung.
Zusätzlich stehen zur Verfügung:
- Entlastungsbetrag: 125 € monatlich für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen (alle Pflegegrade)
- Verhinderungspflege: Bis zu 1.612 € jährlich, wenn die private Pflegeperson ausfällt
- Kurzzeitpflege: Bis zu 1.774 € jährlich für vorübergehende vollstationäre Pflege
Kosten im Detail: Was kostet 24-Stunden-Pflege wirklich?
Die Kosten 24h Pflege werden oft unterschätzt oder falsch eingeschätzt. Anders als beim ambulanten Dienst gibt es hier keine standardisierten Leistungskomplexe, sondern monatliche Pauschalpreise, die vom Anbieter, der Qualifikation der Betreuungskraft und dem Betreuungsumfang abhängen.
Preisgestaltung und Kostenfaktoren
Die monatlichen Kosten für eine 24-Stunden-Betreuungskraft setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen:
Grundkosten der Betreuungskraft:
- Gehalt der Betreuungskraft im Heimatland
- Sozialversicherungsbeiträge
- Reisekosten (An- und Abreise alle 2-3 Monate)
- Vermittlungsgebühr der Agentur
- Verwaltungsaufwand und Koordination
Zusätzliche Kosten im Haushalt:
- Kost und Logis (Unterkunft, Verpflegung)
- Erhöhte Nebenkosten (Strom, Wasser, Heizung)
- Eventuell Deutschkurse oder Fortbildungen
- Versicherungen (Haftpflicht, Unfallversicherung)
Die Qualifikation und Sprachkenntnisse der Betreuungskraft beeinflussen den Preis erheblich. Eine Kraft mit Pflegeerfahrung, guten Deutschkenntnissen und Führerschein kostet deutlich mehr als eine Betreuungskraft ohne diese Qualifikationen.
Realistische Kostenübersicht 24-Stunden-Betreuung
Die monatlichen Gesamtkosten für eine 24-Stunden-Betreuung liegen typischerweise zwischen 2.200 € und 4.500 €, abhängig von:
- Qualifikation der Betreuungskraft (ungelernt, Pflegeerfahrung, examiniert)
- Deutschkenntnissen (Grundkenntnisse bis fließend)
- Betreuungsaufwand (leichte bis intensive Pflege)
- Zusatzqualifikationen (Demenzbetreuung, Führerschein)
- Agentur oder private Vermittlung
Basisbetreuung (leichte Pflegebedürftigkeit):
- Betreuungskraft mit Grundkenntnissen Deutsch
- Grundpflege und Haushaltsführung
- Keine besonderen Anforderungen
- Monatliche Kosten: ca. 2.200-2.800 €
Standardbetreuung (mittlere Pflegebedürftigkeit):
- Betreuungskraft mit Pflegeerfahrung
- Gute Deutschkenntnisse
- Umfassende Grundpflege
- Eventuell leichte Demenz
- Monatliche Kosten: ca. 2.800-3.500 €
Intensivbetreuung (schwere Pflegebedürftigkeit):
- Betreuungskraft mit Fachausbildung
- Sehr gute Deutschkenntnisse
- Intensive Pflege und Demenzbetreuung
- Führerschein für Mobilität
- Monatliche Kosten: ca. 3.500-4.500 €
Wichtig: Diese Kosten verstehen sich als monatliche Pauschalbeträge für eine Betreuungskraft im 2-3-Monats-Rhythmus. Bei kürzeren Einsatzzyklen (z.B. monatlicher Wechsel) erhöhen sich die Kosten durch häufigere Reisen.
Finanzierung der 24-Stunden-Betreuung
Anders als ambulante Pflegedienste werden 24-Stunden-Betreuungskräfte nicht direkt über die Pflegesachleistung abgerechnet. Stattdessen können verschiedene Leistungen der Pflegekasse zur Finanzierung genutzt werden:
Pflegegeld:
Das monatliche Pflegegeld wird direkt an die pflegebedürftige Person ausgezahlt und kann frei verwendet werden – also auch zur Bezahlung der 24-Stunden-Betreuung:
- Pflegegrad 2: 347 € monatlich
- Pflegegrad 3: 599 € monatlich
- Pflegegrad 4: 800 € monatlich
- Pflegegrad 5: 990 € monatlich
Verhinderungspflege:
Bis zu 1.612 € jährlich (plus bis zu 806 € aus der Kurzzeitpflege) können für die 24-Stunden-Betreuung verwendet werden. Mehr Details zur Verhinderungspflege finden Sie in unserem Glossar.
Entlastungsbetrag:
125 € monatlich können für anerkannte Betreuungsleistungen eingesetzt werden.
Kombinationsleistung:
Wenn zusätzlich ein ambulanter Dienst für Behandlungspflege kommt, kann anteiliges Pflegegeld mit Pflegesachleistung kombiniert werden.
Weitere Informationen zur Kostenübernahme durch Pflegekassen und detaillierte Rechenbeispiele finden Sie in unserem umfassenden Ratgeber.
Steuerliche Absetzbarkeit
Ein oft übersehener Vorteil: Die Kosten für 24-Stunden-Betreuung können steuerlich geltend gemacht werden:
- Haushaltsnahe Dienstleistungen: 20% der Kosten (max. 4.000 € jährlich) direkt von der Steuerschuld abziehen
- Außergewöhnliche Belastungen: Pflegekosten, die die zumutbare Eigenbelastung übersteigen
- Pflege-Pauschbetrag: Bei häuslicher Pflege durch Angehörige (924-1.800 € jährlich je nach Pflegegrad)
Kostenvergleich: Ambulanter Dienst vs. 24-Stunden-Pflege
Der direkte Kostenvergleich zwischen 24-Stunden-Pflege vs. ambulanter Dienst zeigt: Welches Modell günstiger ist, hängt stark vom Pflegegrad und dem tatsächlichen Betreuungsbedarf ab. Pauschale Aussagen sind irreführend – entscheidend ist die individuelle Situation.
Kostenvergleich nach Pflegegrad
| Pflegegrad | Ambulanter Dienst (Gesamtkosten) | Eigenanteil nach Pflegesachleistung | 24h-Pflege (Gesamtkosten) | Eigenanteil nach Pflegegeld |
|---|---|---|---|---|
| Pflegegrad 2 | 1.200-1.500 € | 400-700 € | 2.200-2.800 € | 1.850-2.450 € |
| Pflegegrad 3 | 2.200-2.800 € | 700-1.300 € | 2.800-3.500 € | 2.200-2.900 € |
| Pflegegrad 4 | 3.200-4.000 € | 1.400-2.100 € | 3.200-4.000 € | 2.400-3.200 € |
| Pflegegrad 5 | 4.500-6.000 € | 2.200-3.700 € | 3.500-4.500 € | 2.500-3.500 € |
Wichtige Erkenntnisse aus dem Kostenvergleich:
Bei niedrigen Pflegegraden (1-2):
Der ambulante Dienst ist finanziell oft günstiger, da der Betreuungsbedarf noch überschaubar ist. Die Pflegesachleistung deckt einen Großteil der Kosten. Die 24-Stunden-Betreuung lohnt sich hier vor allem, wenn ein hoher Betreuungsbedarf (z.B. bei Demenz) oder großer Wunsch nach ständiger Anwesenheit besteht.
Bei mittleren Pflegegraden (3):
Die Kosten nähern sich an. Je mehr Einsätze täglich nötig sind, desto wirtschaftlicher wird die 24-Stunden-Betreuung im Vergleich. Besonders wenn zusätzlich hauswirtschaftliche Versorgung und Betreuung gewünscht sind, bietet die 24h-Pflege ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis.
Bei hohen Pflegegraden (4-5):
Die 24-Stunden-Betreuung wird oft günstiger als ein ambulanter Dienst mit 5-6 täglichen Einsätzen. Wichtig: Für medizinische Behandlungspflege muss bei der 24h-Betreuung zusätzlich ein ambulanter Dienst beauftragt werden – diese Zusatzkosten müssen einkalkuliert werden.
Versteckte Kosten und Zusatzfaktoren
Beim Kostenvergleich dürfen versteckte Kosten nicht vergessen werden:
Ambulanter Dienst – Zusatzkosten:
- Wochenend- und Feiertagszuschläge (20-50% Aufpreis)
- Nachtzuschläge bei nächtlicher Versorgung (30-60% Aufpreis)
- Fahrtkosten pro Einsatz (3-8 €)
- Zusätzliche Betreuungskraft für Gesellschaft und Aktivierung
- Mahlzeitendienst (Essen auf Rädern): 150-250 € monatlich
- Hausnotruf-System: 20-30 € monatlich
24-Stunden-Pflege – Zusatzkosten:
- Kost und Logis (Lebensmittel, Strom, Wasser): ca. 200-300 € monatlich
- Ambulanter Dienst für Behandlungspflege: 200-600 € monatlich (je nach Bedarf)
- Eventuell Dolmetscher bei Arztterminen
- Zusätzliche Versicherungen
- Kosten für Vertretung bei Urlaub der Betreuungskraft
Qualitative Faktoren im Vergleich
Kosten sind wichtig, aber nicht alles. Weitere Entscheidungskriterien:
| Kriterium | Ambulanter Dienst | 24-Stunden-Pflege |
|---|---|---|
| Betreuungsumfang | 1-4 Einsätze täglich, begrenzt | Rund um die Uhr Anwesenheit |
| Flexibilität | Feste Zeiten, wenig flexibel | Sehr flexibel, individuell anpassbar |
| Soziale Betreuung | Minimal, wechselnde Personen | Intensiv, feste Bezugsperson |
| Medizinische Pflege | Vollumfänglich durch Fachkräfte | Nur Grundpflege, Behandlungspflege extern |
| Nächtliche Versorgung | Nur gegen hohe Zuschläge | Inklusive (mit Ruhezeiten) |
| Demenzbetreuung | Begrenzt möglich | Gut geeignet durch ständige Anwesenheit |
| Lebensqualität | Abhängig von Einsatzzeiten | Hoch durch kontinuierliche Begleitung |
| Entlastung Angehörige | Teilweise, zwischen Einsätzen Eigenleistung | Umfassend, kaum Eigenleistung nötig |

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Angebot anfordern Beraten lassenPraktische Beispiele: Welches Modell passt zu welcher Situation?
Die Theorie ist wichtig, aber erst konkrete Beispiele zeigen, wie die Entscheidung zwischen 24-Stunden-Pflege und ambulantem Dienst in der Praxis aussieht. Hier vier realistische Szenarien mit unterschiedlichen Pflegesituationen.
Beispiel 1: Frau Müller, 78 Jahre – Pflegegrad 2, leichte Mobilitätseinschränkungen
Ausgangssituation:
Frau Müller lebt allein in ihrer 3-Zimmer-Wohnung. Sie kann sich noch weitgehend selbst versorgen, benötigt aber Unterstützung bei der Körperpflege (Duschen), beim Anziehen von Kompressionsstrümpfen und bei der Haushaltsführung. Ihre Tochter wohnt 30 km entfernt und arbeitet Vollzeit. Frau Müller fühlt sich oft einsam und unsicher, besonders nachts.
Versorgung durch ambulanten Dienst:
- Morgens: Hilfe beim Duschen und Anziehen (30 Min.)
- Mittags: Zubereitung warme Mahlzeit (20 Min.)
- Wöchentlich: Große hauswirtschaftliche Versorgung (60 Min.)
- Monatliche Kosten: ca. 1.350 €
- Pflegesachleistung Pflegegrad 2: 796 €
- Eigenanteil: 550 €
Versorgung durch 24-Stunden-Betreuung:
- Betreuungskraft mit Grundkenntnissen Deutsch
- Hilfe bei Körperpflege, Haushalt, Mahlzeiten
- Gesellschaft und Aktivierung tagsüber
- Sicherheit durch Anwesenheit nachts
- Monatliche Kosten: ca. 2.400 €
- Pflegegeld Pflegegrad 2: 347 €
- Eigenanteil: 2.050 €
Entscheidung:
Familie Müller entscheidet sich zunächst für den ambulanten Dienst, da die Kosten deutlich niedriger sind. Nach drei Monaten wird jedoch klar, dass Frau Müller zwischen den Einsätzen sehr einsam ist und die Tochter häufig für zusätzliche Besorgungen anreisen muss. Die Familie wechselt zur 24-Stunden-Betreuung und stellt fest: Die höheren Kosten werden durch die deutlich bessere Lebensqualität und Entlastung der Tochter aufgewogen. Frau Müller blüht durch die ständige Gesellschaft regelrecht auf.
Beispiel 2: Herr Schmidt, 82 Jahre – Pflegegrad 4, Diabetes und Wundversorgung
Ausgangssituation:
Herr Schmidt hat Diabetes Typ 2 mit insulinpflichtiger Einstellung, chronische Wunden an beiden Unterschenkeln und ist nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt. Er benötigt intensive Grundpflege und regelmäßige medizinische Behandlungspflege. Seine Ehefrau (76 Jahre) lebt mit ihm zusammen, ist aber körperlich nicht mehr in der Lage, ihn allein zu versorgen.
Versorgung durch ambulanten Dienst:
- Morgens: Grundpflege, Insulin-Injektion, Wundversorgung (45 Min.)
- Mittags: Hilfe bei Mahlzeit und Toilettengang (20 Min.)
- Abends: Grundpflege, Insulin-Injektion, Bettfertigmachen (40 Min.)
- Nachts: Bei Bedarf Hilfe beim Toilettengang (Rufbereitschaft)
- Monatliche Kosten: ca. 3.600 €
- Pflegesachleistung Pflegegrad 4: 1.859 €
- Eigenanteil: 1.740 €
Kombination: 24-Stunden-Betreuung + ambulanter Dienst:
- 24h-Betreuungskraft: Grundpflege, Haushalt, Mobilisierung, Gesellschaft, Unterstützung der Ehefrau
- Ambulanter Dienst: 2x täglich Insulin-Injektion und Wundversorgung (je 15 Min.)
- Kosten 24h-Betreuung: 3.400 €
- Kosten ambulanter Dienst: 600 €
- Gesamtkosten: 4.000 €
- Pflegegeld Pflegegrad 4 (anteilig 60%): 480 €
- Pflegesachleistung (40%): 744 €
- Eigenanteil: 2.776 €
Entscheidung:
Familie Schmidt wählt die Kombination aus 24-Stunden-Betreuung und ambulantem Dienst. Die Betreuungskraft übernimmt die zeitintensive Grundpflege und entlastet die Ehefrau massiv. Der ambulante Dienst kommt nur für die medizinischen Leistungen (Insulin, Wundversorgung). Obwohl der Eigenanteil höher ist als bei reinem ambulanten Dienst, ist diese Lösung für die Familie optimal: Die Ehefrau wird entlastet, Herr Schmidt hat eine feste Bezugsperson, und die medizinische Versorgung ist gesichert. Mehr zur 24-Stunden-Pflege für Ehepaare finden Sie in unserem Spezialratgeber.
Beispiel 3: Frau Wagner, 85 Jahre – Pflegegrad 3, mittelschwere Demenz
Ausgangssituation:
Frau Wagner hat eine mittelschwere Demenz mit zunehmender Orientierungslosigkeit und nächtlicher Unruhe. Sie neigt zum Weglaufen und benötigt ständige Beaufsichtigung. Körperlich ist sie noch relativ fit, aber die Demenz erfordert intensive Betreuung. Ihr Sohn arbeitet Vollzeit und kann sie nicht rund um die Uhr beaufsichtigen.
Versorgung durch ambulanten Dienst:
- Morgens: Grundpflege und Frühstück (30 Min.)
- Mittags: Mahlzeit und Medikamentengabe (20 Min.)
- Abends: Grundpflege und Abendbrot (30 Min.)
- Problem: Zwischen den Einsätzen ist Frau Wagner allein und unbeaufsichtigt – hohes Risiko!
- Monatliche Kosten: ca. 2.400 €
- Pflegesachleistung Pflegegrad 3: 1.497 €
- Eigenanteil: 900 €
- Zusätzlich nötig: Tagespflege oder private Betreuung zwischen den Einsätzen (weitere 800-1.200 € monatlich)
Versorgung durch 24-Stunden-Betreuung:
- Betreuungskraft mit Demenz-Erfahrung und guten Deutschkenntnissen
- Ständige Anwesenheit und Beaufsichtigung
- Strukturierung des Tagesablaufs
- Aktivierende Betreuung und Beschäftigung
- Nächtliche Bereitschaft bei Unruhe
- Monatliche Kosten: ca. 3.200 €
- Pflegegeld Pflegegrad 3: 599 €
- Eigenanteil: 2.600 €
Entscheidung:
Familie Wagner entscheidet sich für die 24-Stunden-Betreuung, da bei Demenz die ständige Anwesenheit und Beaufsichtigung essentiell ist. Der ambulante Dienst könnte die Sicherheit zwischen den Einsätzen nicht gewährleisten. Die Betreuungskraft strukturiert den Tag, beschäftigt Frau Wagner mit sinnvollen Aktivitäten und kann bei nächtlicher Unruhe sofort reagieren. Die Kosten sind zwar höher als beim ambulanten Dienst allein, aber niedriger als eine Kombination aus ambulantem Dienst plus Tagespflege. Vor allem aber: Frau Wagner kann in ihrer vertrauten Umgebung bleiben, was bei Demenz enorm wichtig ist. Mehr Informationen zur 24-Stunden-Pflege bei Demenz finden Sie in unserem Ratgeber.
Beispiel 4: Herr Becker, 91 Jahre – Pflegegrad 5, Palliativversorgung
Ausgangssituation:
Herr Becker ist schwerstkrank und befindet sich in der Palliativphase. Er ist bettlägerig, benötigt intensive Grundpflege, Schmerztherapie, künstliche Ernährung über PEG-Sonde und hat einen Blasenkatheter. Die Familie möchte ihm ein würdevolles Lebensende zu Hause ermöglichen.
Versorgung durch ambulanten Dienst:
- 5-6 Einsätze täglich für Grundpflege, Lagerung, Medikamentengabe, PEG-Versorgung, Katheterpflege
- Spezialisierter Palliativ-Pflegedienst
- Zusätzlich: Palliativarzt und Hospizverein
- Monatliche Kosten: ca. 5.500 €
- Pflegesachleistung Pflegegrad 5: 2.299 €
- Eigenanteil: 3.200 €
- Problem: Zwischen den Einsätzen ist niemand da – Familie muss ständig anwesend sein
Kombination: 24-Stunden-Betreuung + spezialisierter Pflegedienst:
- 24h-Betreuungskraft mit Palliativ-Erfahrung: Grundpflege, Lagerung, Mundpflege, emotionale Begleitung, Anwesenheit für Familie
- Spezialisierter Palliativ-Pflegedienst: 3x täglich medizinische Versorgung (PEG, Katheter, Schmerztherapie)
- Palliativarzt und Hospizverein ergänzend
- Kosten 24h-Betreuung: 3.800 €
- Kosten Palliativ-Pflegedienst: 1.800 €
- Gesamtkosten: 5.600 €
- Pflegegeld Pflegegrad 5 (anteilig 40%): 396 €
- Pflegesachleistung (60%): 1.379 €
- Eigenanteil: 3.825 €
Entscheidung:
Familie Becker wählt die Kombination, da nur so eine würdevolle Versorgung rund um die Uhr möglich ist. Die Betreuungskraft übernimmt die zeitintensive Grundpflege und ist ständig anwesend – für Herrn Becker und als Entlastung für die Familie. Der spezialisierte Palliativ-Pflegedienst kommt für die medizinischen Maßnahmen. Diese Kombination ermöglicht ein friedliches Lebensende zu Hause in vertrauter Umgebung, umgeben von Familie und einer vertrauten Betreuungsperson. Die Kosten sind zwar hoch, aber deutlich niedriger als ein Hospiz oder Pflegeheim – und entsprechen dem Wunsch von Herrn Becker nach einem würdevollen Abschied zu Hause.

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Angebot anfordern Beraten lassenKombinationsmodelle: Das Beste aus beiden Welten
In der Praxis zeigt sich: Oft ist nicht die Frage “24-Stunden-Pflege vs. ambulanter Dienst”, sondern “24-Stunden-Pflege und ambulanter Dienst” die beste Lösung. Kombinationsmodelle nutzen die Stärken beider Systeme und gleichen deren Schwächen aus.
Warum Kombinationen sinnvoll sind
Die 24-Stunden-Betreuung bietet kontinuierliche Anwesenheit, Gesellschaft und Unterstützung im Alltag – darf aber keine medizinischen Behandlungspflegeleistungen erbringen. Der ambulante Dienst verfügt über examinierte Fachkräfte für medizinische Versorgung – kann aber keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung leisten. Die Kombination beider Modelle schließt diese Lücken.
Typische Kombinationsszenarien
Szenario 1: Grundpflege durch 24h-Kraft, Behandlungspflege durch ambulanten Dienst
Die Betreuungskraft übernimmt:
- Körperpflege (Waschen, Duschen, Ankleiden)
- Mobilisierung und Lagerung
- Mahlzeiten und Ernährung
- Haushaltsführung
- Begleitung und Aktivierung
- Nächtliche Anwesenheit
Der ambulante Dienst kommt für:
- Medikamenteninjektionen (z.B. Insulin)
- Wundversorgung und Verbandswechsel
- Katheter- und Stoma-Versorgung
- Kompressionsstrümpfe anziehen
- Medizinische Kontrollen
Dieses Modell ist ideal bei Pflegegrad 3-5 mit medizinischem Versorgungsbedarf. Die Kosten verteilen sich: Die 24h-Betreuung wird über Pflegegeld finanziert, die Behandlungspflege über Pflegesachleistung. Durch die Kombinationsleistung können beide Leistungen optimal genutzt werden.
Szenario 2: 24h-Betreuung mit punktuellem ambulanten Dienst
Die Betreuungskraft versorgt die pflegebedürftige Person umfassend. Der ambulante Dienst kommt nur 1-2x täglich für spezifische medizinische Leistungen. Dies reduziert die Kosten des ambulanten Dienstes erheblich und nutzt die Pflegesachleistung nur anteilig.
Beispielrechnung Pflegegrad 4:
- Ambulanter Dienst nur für Insulin und Wundversorgung: 2x täglich, ca. 600 € monatlich
- Pflegesachleistung zu 32% ausgeschöpft (600 € von 1.859 €)
- Anteiliges Pflegegeld: 68% von 800 € = 544 €
- Kosten 24h-Betreuung: 3.400 €
- Gesamteigenanteil: 3.400 € + 600 € – 544 € = 3.456 €
Szenario 3: Wochenweise Entlastung durch ambulanten Dienst
Manche Familien nutzen den ambulanten Dienst als Entlastung, wenn die 24h-Betreuungskraft Urlaub hat oder wechselt. In den Übergangswochen übernimmt der ambulante Dienst die Versorgung, bis die neue Betreuungskraft eingearbeitet ist.
Finanzierung von Kombinationsmodellen
Die Finanzierung erfolgt über die Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI. Dabei können Pflegegeld und Pflegesachleistung anteilig kombiniert werden:
Rechenformel:
Wenn X% der Pflegesachleistung in Anspruch genommen werden, gibt es (100-X)% des Pflegegeldes ausgezahlt.
Beispiel Pflegegrad 3:
- Pflegesachleistung: 1.497 € (maximal)
- Pflegegeld: 599 € (maximal)
- Ambulanter Dienst kostet 750 € monatlich = 50% der Pflegesachleistung
- Anteiliges Pflegegeld: 50% von 599 € = 299,50 €
- Für 24h-Betreuung verfügbar: 299,50 € + Eigenanteil
Die Pflegekasse rechnet automatisch ab – Sie müssen nur beide Leistungen beantragen.
Praktische Umsetzung der Kombination
Damit die Kombination reibungslos funktioniert, sind klare Absprachen wichtig:
- Aufgabenverteilung: Schriftlich festhalten, wer was macht (Betreuungskraft vs. Pflegedienst)
- Kommunikation: Pflegetagebuch oder Übergabebuch für Informationsaustausch
- Einsatzzeiten: Feste Zeiten für ambulanten Dienst vereinbaren, die zur Betreuungskraft passen
- Notfallplan: Klären, wer bei medizinischen Notfällen kontaktiert wird
- Vertretungsregelung: Was passiert, wenn Betreuungskraft oder Pflegedienst ausfällt?
Viele Agenturen für 24-Stunden-Betreuung arbeiten mit ambulanten Diensten zusammen und können die Koordination übernehmen. Dies erleichtert die Organisation erheblich.
Häufige Fehler und Stolpersteine vermeiden
Bei der Entscheidung zwischen 24-Stunden-Pflege und ambulantem Dienst werden immer wieder typische Fehler gemacht, die zu Unzufriedenheit, finanziellen Problemen oder sogar Versorgungslücken führen. Hier die wichtigsten Stolpersteine und wie Sie diese vermeiden.
Fehler 1: Nur auf die Kosten schauen
Viele Familien wählen zunächst die vermeintlich günstigere Option – oft den ambulanten Dienst – ohne die Gesamtsituation zu betrachten. Dabei werden übersehen:
- Versteckte Zusatzkosten (Wochenend-/Nachtzuschläge, Fahrtkosten)
- Zeitaufwand für Angehörige zwischen den Einsätzen
- Lebensqualität der pflegebedürftigen Person
- Emotionale Belastung durch fehlende Kontinuität
Besser: Erstellen Sie eine Gesamtkostenrechnung inklusive aller Faktoren und bewerten Sie auch die qualitativen Aspekte. Manchmal ist die teurere Option langfristig die bessere Investition.
Fehler 2: Versorgungslücken unterschätzen
Beim ambulanten Dienst kommt die Pflegekraft 3-4 Mal täglich für jeweils 20-45 Minuten. Dazwischen liegen oft 4-6 Stunden ohne Betreuung. In dieser Zeit kann viel passieren:
- Stürze ohne sofortige Hilfe
- Dehydrierung, weil niemand zum Trinken animiert
- Einsamkeit und Depression
- Weglaufen bei Demenz
- Verschlechterung des Zustands unbemerkt
Besser: Prüfen Sie ehrlich, ob die pflegebedürftige Person zwischen den Einsätzen sicher allein sein kann. Bei Demenz, Sturzgefahr oder psychischen Problemen ist eine 24-Stunden-Anwesenheit oft unverzichtbar.
Fehler 3: Qualifikation der Betreuungskräfte nicht prüfen
Bei der 24-Stunden-Betreuung gibt es große Qualitätsunterschiede. Nicht jede Betreuungskraft hat Pflegeerfahrung oder ausreichende Deutschkenntnisse. Manche Anbieter vermitteln ungelernte Kräfte ohne Vorbereitung.
Besser: Prüfen Sie genau:
- Welche Qualifikationen hat die Betreuungskraft?
- Hat sie Pflegeerfahrung oder Referenzen?
- Wie gut sind die Deutschkenntnisse wirklich?
- Gibt es eine Einarbeitungsphase?
- Wer ist Ansprechpartner bei Problemen?
Seriöse Agenturen bieten Profilbeschreibungen, Referenzen und eine Probezeit an. Mehr zur Auswahl erfahren Sie in unserem Ratgeber zu deutschen Pflegekräften in der 24-Stunden-Betreuung.
Fehler 4: Rechtliche Grauzonen ignorieren
Viele Familien organisieren 24-Stunden-Betreuung ohne Agentur privat, um Kosten zu sparen. Dabei werden oft arbeitsrechtliche Vorgaben missachtet:
- Keine ordnungsgemäße Anmeldung (Schwarzarbeit)
- Arbeitszeiten über dem gesetzlich Erlaubten
- Keine Sozialversicherung
- Unklare Haftungsfragen
Bei Kontrollen oder Unfällen drohen hohe Strafen und Nachzahlungen.
Besser: Nutzen Sie seriöse Vermittlungsagenturen, die legal nach Entsende- oder Selbstständigenmodell arbeiten. Die Mehrkosten sind gering im Vergleich zu den Risiken der Schwarzarbeit.
Fehler 5: Überforderung der Betreuungskraft
24-Stunden-Betreuung bedeutet nicht 24-Stunden-Arbeit. Die Betreuungskraft hat Anspruch auf:
- Ruhezeiten (mindestens 8 Stunden nachts)
- Pausen am Tag
- Freie Tage
- Privatsphäre
Wenn die pflegebedürftige Person nachts ständig Hilfe benötigt oder rund um die Uhr intensive Pflege braucht, ist eine einzelne Betreuungskraft überfordert.
Besser: Bei sehr hohem Betreuungsbedarf sollten Sie über zwei Betreuungskräfte im Schichtsystem nachdenken oder die Kombination mit einem ambulanten Dienst wählen. Mehr zu den gesetzlichen Vorgaben finden Sie in unserem Artikel zu Ruhezeiten und Arbeitszeitmodellen.
Fehler 6: Fehlende Vertretungsregelung
Was passiert, wenn die Betreuungskraft krank wird, Urlaub hat oder wechselt? Viele Familien haben keinen Plan B und stehen plötzlich ohne Versorgung da.
Besser: Klären Sie von Anfang an:
- Wie wird der Wechsel der Betreuungskräfte organisiert?
- Gibt es Überschneidungstage zur Einarbeitung?
- Wer springt bei Krankheit ein?
- Kann kurzfristig ein ambulanter Dienst übernehmen?
Seriöse Agenturen haben Vertretungsregelungen und garantieren lückenlose Betreuung.
Fehler 7: Unzureichende Wohnraumanpassung
Sowohl ambulanter Dienst als auch 24-Stunden-Betreuung funktionieren besser, wenn die Wohnung barrierefrei oder zumindest barrierearm ist. Häufige Probleme:
- Zu schmale Türen für Rollstuhl oder Rollator
- Badewanne statt bodengleicher Dusche
- Fehlende Haltegriffe
- Stolperfallen (Teppiche, Schwellen)
- Schlechte Beleuchtung
Besser: Investieren Sie in grundlegende Wohnraumanpassungen. Die Pflegekasse bezuschusst Maßnahmen mit bis zu 4.000 € pro Person. Mehr dazu in unserem Ratgeber zu Wohnraumanpassung und Zuschüssen und Förderungen 2025.

Lassen Sie sich von unseren Experten beraten – kostenlos, unverbindlich und kompetent
Angebot anfordern Beraten lassenGrenzen und Alternativen: Wann beide Modelle nicht ausreichen
So wertvoll ambulante Dienste und 24-Stunden-Betreuung auch sind – es gibt Situationen, in denen beide Modelle an ihre Grenzen stoßen. Ehrlichkeit ist hier wichtig: Nicht jede Pflegesituation lässt sich zu Hause bewältigen.
Wann ambulante Pflege nicht mehr ausreicht
Der ambulante Dienst stößt an Grenzen, wenn:
- Rund-um-die-Uhr-Überwachung nötig ist: Bei schwerer Demenz mit Weglauftendenz, akuter Suizidgefahr oder instabilen medizinischen Zuständen
- Nächtliche Versorgung ständig erforderlich ist: Die Kosten für nächtliche Einsätze (mit 30-60% Zuschlag) werden schnell unbezahlbar
- Intensive medizinische Überwachung nötig ist: Bei instabilen Vitalwerten, die ständige Kontrolle erfordern
- Die pflegebedürftige Person zwischen Einsätzen gefährdet ist: Sturzgefahr, Orientierungslosigkeit, Selbstgefährdung
- Angehörige die Lücken nicht füllen können: Berufstätigkeit, weite Entfernung oder eigene gesundheitliche Probleme
Wann 24-Stunden-Betreuung nicht mehr ausreicht
Die 24-Stunden-Betreuung stößt an Grenzen, wenn:
- Intensive medizinische Behandlungspflege erforderlich ist: Ständige Überwachung von Vitalwerten, komplexe Wundversorgung, intensivmedizinische Maßnahmen
- Schweres Heben und Tragen nötig ist: Betreuungskräfte sind oft körperlich nicht in der Lage, schwere Pflegebedürftige allein zu bewegen
- Aggressive oder stark herausfordernde Verhaltensweisen auftreten: Bei fortgeschrittener Demenz mit Aggressivität, psychischen Erkrankungen oder Suchtproblematik
- Die räumlichen Voraussetzungen fehlen: Kein Platz für ein Zimmer der Betreuungskraft, zu kleine Wohnung, fehlende Barrierefreiheit
- Die Chemie zwischen Betreuungskraft und Pflegebedürftigem nicht stimmt: Trotz mehrfacher Wechsel keine passende Betreuungskraft gefunden
- Nächtlicher Betreuungsbedarf die Ruhezeiten der Betreuungskraft unmöglich macht: Wenn mehrmals pro Nacht intensive Hilfe nötig ist
Alternative: Tagespflege als Ergänzung
Die Tagespflege ist eine teilstationäre Einrichtung, die pflegebedürftige Menschen tagsüber betreut, während sie abends nach Hause zurückkehren. Sie kann sowohl ambulante Pflege als auch 24-Stunden-Betreuung sinnvoll ergänzen:
Vorteile der Tagespflege:
- Professionelle Betreuung und Aktivierung tagsüber
- Soziale Kontakte mit anderen Senioren
- Entlastung für Angehörige oder 24h-Betreuungskraft
- Medizinische Versorgung vor Ort
- Strukturierter Tagesablauf
Kosten und Finanzierung:
Die Kosten der Tagespflege werden zusätzlich zu Pflegegeld oder Pflegesachleistung von der Pflegekasse übernommen (bis zu bestimmten Höchstbeträgen je nach Pflegegrad). Dies macht die Tagespflege zu einer attraktiven Ergänzung ohne große Mehrkosten.
Alternative: Kurzzeitpflege bei Übergängen
Die Kurzzeitpflege ist eine vorübergehende vollstationäre Pflege für bis zu 8 Wochen pro Jahr. Sie ist sinnvoll:
- Nach Krankenhausaufenthalten zur Stabilisierung
- Bei Urlaub oder Krankheit der Betreuungskraft
- In Krisensituationen, wenn die häusliche Pflege vorübergehend nicht möglich ist
- Zum “Ausprobieren” vor einer dauerhaften Heimaufnahme
Die Pflegekasse übernimmt bis zu 1.774 € jährlich für Kurzzeitpflege (plus bis zu 806 € aus der Verhinderungspflege).
Alternative: Vollstationäre Pflege im Pflegeheim
Manchmal ist ein Pflegeheim die bessere oder einzig mögliche Lösung – und das ist keine Niederlage. Ein Pflegeheim kann die richtige Wahl sein, wenn:
- Die medizinische Versorgung zu Hause nicht mehr gewährleistet werden kann
- Die Sicherheit der pflegebedürftigen Person gefährdet ist
- Angehörige trotz aller Unterstützung vollständig überfordert sind
- Die pflegebedürftige Person soziale Kontakte und Gemeinschaft wünscht
- Die Kosten für häusliche Pflege die Kosten eines Heims deutlich übersteigen
Wichtig: Die Entscheidung für ein Pflegeheim ist keine Aufgabe der Verantwortung, sondern oft ein Akt der Liebe und Fürsorge. Moderne Pflegeheime bieten professionelle Versorgung, soziale Teilhabe und Sicherheit. Mehr zu dieser Alternative finden Sie in unserem Ratgeber Alternative zum Pflegeheim.
Kombinierte Ansätze für komplexe Situationen
In sehr komplexen Pflegesituationen können mehrere Bausteine kombiniert werden:
- 24-Stunden-Betreuung + ambulanter Dienst für Behandlungspflege + Tagespflege 2x wöchentlich
- Ambulanter Dienst + Tagespflege 3x wöchentlich + Angehörigenpflege
- 24-Stunden-Betreuung + regelmäßige Kurzzeitpflege zur Entlastung
Solche Kombinationen erfordern gute Organisation, aber sie ermöglichen oft die häusliche Pflege auch in schwierigen Situationen.
Entscheidungshilfe: Schritt für Schritt zur richtigen Wahl
Die Wahl zwischen 24-Stunden-Pflege und ambulantem Dienst ist komplex und sehr individuell. Diese strukturierte Entscheidungshilfe führt Sie Schritt für Schritt zur richtigen Lösung für Ihre Situation.
Schritt 1: Bedarfsanalyse – Was wird wirklich benötigt?
Erstellen Sie eine ehrliche Bestandsaufnahme des Pflegebedarfs:
Körperliche Pflege:
- Wie viel Hilfe bei Körperpflege, Toilettengang, An- und Auskleiden?
- Kann die Person noch selbstständig essen und trinken?
- Wie ist die Mobilität? (Gehfähig, Rollator, Rollstuhl, bettlägerig?)
- Gibt es Inkontinenz?
Medizinische Versorgung:
- Welche medizinischen Maßnahmen sind nötig? (Injektionen, Wundversorgung, Katheter, Sonden?)
- Wie oft müssen Medikamente verabreicht werden?
- Sind regelmäßige Kontrollen nötig? (Blutdruck, Blutzucker?)
- Gibt es instabile Zustände, die Überwachung erfordern?
Kognitive Situation:
- Liegt eine Demenz vor? Wenn ja, welcher Schweregrad?
- Kann die Person allein bleiben oder besteht Weglaufgefahr?
- Gibt es Orientierungslosigkeit oder Verwirrtheit?
- Wie ist das Verhalten? (Kooperativ, ablehnend, aggressiv?)
Soziale und emotionale Bedürfnisse:
- Wie stark ist das Bedürfnis nach Gesellschaft und Gesprächen?
- Gibt es Einsamkeit oder Depressionen?
- Wie wichtig sind Aktivierung und Beschäftigung?
- Welche Hobbys und Interessen sollen erhalten bleiben?
Zeitlicher Betreuungsbedarf:
- Wie viele Stunden am Tag wird Hilfe benötigt?
- Ist nachts Unterstützung nötig? Wie oft?
- Kann die Person zwischen Pflegeeinsätzen allein sein?
- Wie flexibel muss die Betreuung sein?
Schritt 2: Ressourcen prüfen – Was ist verfügbar?
Finanzielle Ressourcen:
- Welcher Pflegegrad liegt vor? (Pflegegeld und Pflegesachleistung)
- Wie hoch ist die Rente/das Einkommen der pflegebedürftigen Person?
- Können Angehörige finanziell unterstützen?
- Gibt es Vermögen, das eingesetzt werden kann?
- Kommt eine Kostenübernahme durch das Sozialamt in Frage?
Räumliche Voraussetzungen:
- Wie groß ist die Wohnung? Gibt es ein Gästezimmer?
- Ist die Wohnung barrierefrei oder kann sie angepasst werden?
- Gibt es ein separates Badezimmer oder zumindest guten Zugang?
- Ist die Wohnung für Pflege geeignet? (Platz für Hilfsmittel, Rollstuhl?)
Familiäre Unterstützung:
- Wie viel Zeit können Angehörige für Pflege aufbringen?
- Wohnen Angehörige in der Nähe?
- Gibt es mehrere Familienmitglieder, die sich abwechseln können?
- Wie ist der Gesundheitszustand der pflegenden Angehörigen?
Schritt 3: Modelle bewerten – Was passt am besten?
Bewerten Sie nun die verschiedenen Optionen anhand Ihrer Analyse:
Ambulanter Dienst ist ideal, wenn:
- Der Pflegebedarf zeitlich begrenzt ist (1-4 Einsätze täglich ausreichen)
- Intensive medizinische Behandlungspflege erforderlich ist
- Die pflegebedürftige Person zwischen Einsätzen sicher allein sein kann
- Angehörige die Lücken füllen können
- Die Kosten niedrig gehalten werden müssen
- Kein Platz für eine Betreuungskraft vorhanden ist
24-Stunden-Betreuung ist ideal, wenn:
- Ständige Anwesenheit und Beaufsichtigung nötig sind
- Demenz mit Orientierungslosigkeit oder Weglauftendenz vorliegt
- Einsamkeit ein großes Problem ist
- Nächtliche Betreuung regelmäßig erforderlich ist
- Flexibilität und individuelle Tagesgestaltung wichtig sind
- Ein Gästezimmer vorhanden ist
- Die Familie stark entlastet werden soll
Kombination ist ideal, wenn:
- Sowohl Grundpflege als auch Behandlungspflege nötig sind
- Hoher Pflegegrad (3-5) mit medizinischem Bedarf vorliegt
- Rund-um-die-Uhr-Betreuung und medizinische Versorgung kombiniert werden sollen
- Das Budget für beide Leistungen ausreicht
Schritt 4: Probezeit nutzen – Testen Sie die Lösung
Keine Entscheidung muss endgültig sein. Nutzen Sie Probephasen:
- Ambulante Dienste bieten oft 2-4 Wochen Probezeit
- 24-Stunden-Betreuung kann meist für 3-4 Wochen getestet werden
- Kurzzeitpflege zum “Ausprobieren” eines Heims
Bewerten Sie nach der Probezeit ehrlich:
- Ist die pflegebedürftige Person zufrieden?
- Fühlen sich Angehörige entlastet?
- Funktioniert die Organisation im Alltag?
- Sind alle Bedürfnisse abgedeckt?
- Stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis?
Schritt 5: Regelmäßig überprüfen und anpassen
Pflegebedarf verändert sich. Was heute passt, kann in sechs Monaten nicht mehr ausreichen. Überprüfen Sie regelmäßig:
- Hat sich der Pflegebedarf verändert?
- Gibt es neue medizinische Anforderungen?
- Ist die Finanzierung noch tragbar?
- Sind alle Beteiligten noch zufrieden?
- Muss der Pflegegrad neu beantragt werden?
Scheuen Sie sich nicht, die Versorgungsform zu wechseln, wenn sich die Situation ändert. Flexibilität ist bei Pflege essentiell.
Häufig gestellte Fragen zu 24-Stunden-Pflege vs. ambulanter Dienst
Was ist günstiger: 24-Stunden-Pflege oder ambulanter Dienst?
Pauschal lässt sich das nicht beantworten – es hängt vom Pflegegrad und Betreuungsbedarf ab. Bei niedrigen Pflegegraden (1-2) ist der ambulante Dienst meist günstiger, da die Pflegesachleistung einen Großteil der Kosten deckt. Ab Pflegegrad 3-4 mit mehreren täglichen Einsätzen wird die 24-Stunden-Betreuung oft wirtschaftlicher. Bei Pflegegrad 5 und intensivem Betreuungsbedarf kann die 24h-Pflege sogar deutlich günstiger sein als 5-6 ambulante Einsätze täglich. Wichtig: Rechnen Sie alle Kosten ein, auch Wochenend-/Nachtzuschläge beim ambulanten Dienst und Kost/Logis bei der 24h-Betreuung.
Kann ich ambulanten Dienst und 24-Stunden-Betreuung kombinieren?
Ja, das ist sogar oft die beste Lösung! Die 24-Stunden-Betreuungskraft übernimmt Grundpflege, Haushalt und Betreuung, während der ambulante Dienst für medizinische Behandlungspflege (Injektionen, Wundversorgung) kommt. Finanziert wird dies über die Kombinationsleistung: Sie nutzen anteilig Pflegesachleistung für den ambulanten Dienst und erhalten anteiliges Pflegegeld für die 24h-Betreuung. Die Pflegekasse rechnet automatisch ab. Diese Kombination ist besonders bei Pflegegrad 3-5 mit medizinischem Versorgungsbedarf sinnvoll.
Welche Leistungen darf eine 24-Stunden-Betreuungskraft NICHT erbringen?
24-Stunden-Betreuungskräfte dürfen keine medizinischen Behandlungspflegeleistungen durchführen. Dazu gehören: Injektionen (z.B. Insulin), Wundversorgung und Verbandswechsel, Medikamentengabe (außer Erinnerung), Katheter- oder Stoma-Versorgung, Blutentnahmen, An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen bei medizinischer Indikation. Für diese Leistungen muss zusätzlich ein ambulanter Dienst oder Arzt beauftragt werden. Die Betreuungskraft kann jedoch an Medikamenteneinnahme erinnern, Vitalzeichen messen (ohne medizinische Bewertung) und bei der Organisation der medizinischen Versorgung helfen.
Wie viele Stunden arbeitet eine 24-Stunden-Betreuungskraft wirklich?
Trotz der Bezeichnung “24-Stunden-Pflege” arbeitet die Betreuungskraft nicht durchgehend. Nach deutschem und europäischem Arbeitsrecht hat sie Anspruch auf: mindestens 8 Stunden ununterbrochene Nachtruhe, Pausen während des Tages, mindestens einen freien Tag pro Woche, Erholungszeiten. Die tatsächliche Arbeitszeit liegt bei ca. 8-10 Stunden aktiver Arbeit pro Tag, plus Bereitschaftszeiten. Bei nächtlichem Betreuungsbedarf (mehrmals pro Nacht Hilfe nötig) muss die Arbeitszeit entsprechend reduziert werden oder eine zweite Kraft im Schichtsystem eingesetzt werden. Mehr Details finden Sie in unserem Ratgeber zu Ruhezeiten und Arbeitszeitmodellen.
Übernimmt die Pflegekasse die Kosten für 24-Stunden-Betreuung?
Die Pflegekasse übernimmt die 24-Stunden-Betreuung nicht direkt wie beim ambulanten Dienst. Stattdessen können Sie verschiedene Leistungen zur Finanzierung nutzen: das monatliche Pflegegeld (347-990 € je nach Pflegegrad), Verhinderungspflege (bis zu 1.612 € jährlich, plus bis zu 806 € aus Kurzzeitpflege), Entlastungsbetrag (125 € monatlich). Bei Kombination mit ambulantem Dienst können Sie über die Kombinationsleistung anteiliges Pflegegeld und Pflegesachleistung nutzen. Die Kosten sind steuerlich absetzbar (haushaltsnahe Dienstleistungen). Mehr Details zur Kostenübernahme durch Pflegekassen finden Sie in unserem Ratgeber.
Was passiert, wenn die 24-Stunden-Betreuungskraft krank wird oder Urlaub hat?
Seriöse Vermittlungsagenturen garantieren lückenlose Betreuung durch Vertretungsregelungen. Typischerweise arbeiten Betreuungskräfte im 2-3-Monats-Rhythmus (z.B. 8 Wochen in Deutschland, 4 Wochen Heimaturlaub). Beim Wechsel sollte es 1-2 Überschneidungstage zur Einarbeitung geben. Bei Krankheit oder Notfällen stellt die Agentur kurzfristig Ersatz. Wenn Sie ohne Agentur arbeiten, müssen Sie selbst für Vertretung sorgen – z.B. durch einen ambulanten Dienst, Kurzzeitpflege oder Angehörige. Klären Sie die Vertretungsregelung unbedingt vor Vertragsabschluss schriftlich! Bei Ausfall ohne Ersatz können Sie Verhinderungspflege beantragen.
Brauche ich ein eigenes Zimmer für die 24-Stunden-Betreuungskraft?
Ja, die Betreuungskraft benötigt ein eigenes, abschließbares Zimmer mit mindestens 8-10 m² Fläche. Idealerweise sollte es ein Bett, Schrank, Tisch und Stuhl enthalten. Ein eigenes Badezimmer ist nicht zwingend erforderlich, aber ein gut zugängliches Bad sollte vorhanden sein. Die Betreuungskraft hat Anspruch auf Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten. In sehr kleinen Wohnungen (1-2 Zimmer) ist 24-Stunden-Betreuung daher oft nicht umsetzbar. Mehr zu den räumlichen Voraussetzungen für 24-Stunden-Pflege finden Sie in unserem Ratgeber. Alternativ können Sie über einen ambulanten Dienst oder Tagespflege nachdenken.
Wie finde ich einen seriösen ambulanten Pflegedienst?
Achten Sie auf folgende Qualitätsmerkmale: Zulassung nach § 72 SGB XI (Versorgungsvertrag mit Pflegekassen), aktuelle Transparenzberichte des Medizinischen Dienstes (öffentlich einsehbar), qualifiziertes Personal (examinierte Pflegefachkräfte für Behandlungspflege), klare Preisliste und Leistungskataloge, Erreichbarkeit und Ansprechpartner, positive Bewertungen und Empfehlungen. Vereinbaren Sie ein unverbindliches Erstgespräch und lassen Sie sich Referenzen geben. Prüfen Sie, ob der Dienst Ihre gewünschten Einsatzzeiten abdecken kann. Die Pflegekasse kann Ihnen eine Liste zugelassener Dienste in Ihrer Region geben. Nutzen Sie Vergleichsportale, aber verlassen Sie sich nicht allein auf Online-Bewertungen.
Kann ich die Betreuungsform später noch wechseln?
Ja, Sie können jederzeit wechseln! Wenn Sie mit dem ambulanten Dienst unzufrieden sind oder der Bedarf sich ändert, können Sie zur 24-Stunden-Betreuung wechseln – oder umgekehrt. Beachten Sie die Kündigungsfristen: Ambulante Dienste haben meist 2-4 Wochen Kündigungsfrist, 24-Stunden-Betreuung oft 2 Wochen. Die Pflegekasse passt die Leistungen automatisch an. Informieren Sie die Pflegekasse über den Wechsel, damit Pflegegeld oder Pflegesachleistung entsprechend umgestellt werden. Viele Familien starten mit ambulantem Dienst und wechseln später zur 24h-Betreuung, wenn der Bedarf steigt. Flexibilität ist wichtig – Pflege ist dynamisch und die Lösung muss sich anpassen können.
Was kostet ein ambulanter Dienst bei Pflegegrad 3 wirklich?
Bei Pflegegrad 3 mit typischem Bedarf (3-4 Einsätze täglich für Grundpflege, Mahlzeiten, Haushaltsführung) liegen die monatlichen Gesamtkosten bei ca. 2.200-2.800 €. Die Pflegesachleistung für Pflegegrad 3 beträgt 1.497 €, sodass ein Eigenanteil von ca. 700-1.300 € monatlich bleibt. Hinzu kommen oft Zusatzkosten: Wochenend-/Feiertagszuschläge (20-50% Aufpreis), Nachtzuschläge bei nächtlicher Versorgung (30-60% Aufpreis), Fahrtkosten (3-8 € pro Einsatz bei manchen Diensten), Investitionskosten (5-15 € monatlich). Bei intensiverem Bedarf oder häufigen Wochenend-/Nachteinsätzen können die Kosten deutlich höher liegen. Lassen Sie sich einen detaillierten Kostenvoranschlag erstellen!
Ist 24-Stunden-Pflege aus Polen legal und sicher?
Ja, 24-Stunden-Pflege aus Polen ist legal, wenn sie über das Entsende- oder Selbstständigenmodell organisiert wird. Beim Entsendemodell ist die Betreuungskraft bei einem Unternehmen in Polen angestellt und wird nach Deutschland entsendet. Beim Selbstständigenmodell arbeitet sie als selbstständige Dienstleisterin. Beide Modelle sind legal, wenn alle Vorschriften eingehalten werden: ordnungsgemäße Anmeldung und Sozialversicherung, Einhaltung von Arbeitszeiten und Ruhezeiten, schriftlicher Vertrag, Mindestlohn nach deutschem oder polnischem Recht. Schwarzarbeit (private Anstellung ohne Anmeldung) ist illegal und kann hohe Strafen nach sich ziehen! Nutzen Sie seriöse Vermittlungsagenturen, die alle rechtlichen Vorgaben erfüllen. Mehr Details zur 24-Stunden-Pflege aus Polen finden Sie in unserem Ratgeber.
Welche Deutschkenntnisse sollte eine 24-Stunden-Betreuungskraft haben?
Die Deutschkenntnisse sind entscheidend für die Qualität der Betreuung. Mindestens Grundkenntnisse (A2-Niveau) sollten vorhanden sein, um einfache Alltagskommunikation zu ermöglichen. Besser sind gute Kenntnisse (B1-B2), besonders bei Demenz oder wenn viel Kommunikation wichtig ist. Für medizinische Fachbegriffe oder komplexe Gespräche sind sehr gute Kenntnisse (C1) ideal. Prüfen Sie die Sprachkenntnisse bereits im Vorstellungsgespräch (telefonisch oder per Video). Seriöse Agenturen bieten Profile mit ehrlicher Einschätzung der Sprachkenntnisse. Bei mangelnden Deutschkenntnissen kann ein Dolmetscher bei Arztterminen nötig sein. Deutschkenntnisse beeinflussen auch den Preis: Betreuungskräfte mit sehr guten Deutschkenntnissen kosten 300-500 € monatlich mehr.
Was ist besser bei Demenz: ambulanter Dienst oder 24-Stunden-Betreuung?
Bei Demenz ist die 24-Stunden-Betreuung meist deutlich besser geeignet. Gründe: Ständige Anwesenheit verhindert Weglaufen und Selbstgefährdung, eine feste Bezugsperson reduziert Verwirrung und Unruhe, der Tagesablauf kann individuell strukturiert werden, vertraute Umgebung bleibt erhalten (wichtig bei Demenz!), nächtliche Unruhe kann sofort aufgefangen werden, kontinuierliche Aktivierung und Beschäftigung sind möglich. Der ambulante Dienst stößt bei Demenz an Grenzen, da die Person zwischen den Einsätzen allein und unbeaufsichtigt ist. Nur bei leichter Demenz ohne Weglauftendenz und mit Unterstützung durch Angehörige kann der ambulante Dienst ausreichen. Mehr zur 24-Stunden-Pflege bei Demenz finden Sie in unserem Spezialratgeber.
Fazit: Die richtige Entscheidung für Ihre individuelle Situation
Die Frage “24-Stunden-Pflege vs. ambulanter Dienst” lässt sich nicht pauschal beantworten – zu individuell sind die Pflegesituationen, Bedürfnisse und Ressourcen jeder Familie. Beide Modelle haben ihre Berechtigung und spezifischen Stärken:
Der ambulante Pflegedienst bietet professionelle medizinische Versorgung durch examinierte Fachkräfte, ist bei niedrigen Pflegegraden oft kostengünstiger und benötigt keine besonderen räumlichen Voraussetzungen. Er ist ideal, wenn der Pflegebedarf zeitlich begrenzt ist, intensive Behandlungspflege erforderlich ist und die pflegebedürftige Person zwischen den Einsätzen sicher allein sein kann.
Die 24-Stunden-Betreuung bietet kontinuierliche Anwesenheit, individuelle Tagesgestaltung und intensive soziale Begleitung. Sie ist ideal bei Demenz, nächtlichem Betreuungsbedarf, Einsamkeit und dem Wunsch nach maximaler Flexibilität. Bei hohen Pflegegraden kann sie sogar wirtschaftlicher sein als ein ambulanter Dienst mit vielen täglichen Einsätzen.
Oft ist die Kombination beider Modelle die beste Lösung: Die 24-Stunden-Betreuungskraft übernimmt Grundpflege, Haushalt und Betreuung, während der ambulante Dienst für medizinische Leistungen kommt. Dies vereint die Vorteile beider Systeme und ermöglicht auch bei komplexen Pflegesituationen die häusliche Versorgung.
Wichtig ist: Es gibt keine “falsche” Entscheidung – nur die für Ihre Situation passende oder unpassende. Und: Keine Entscheidung ist endgültig. Pflege ist dynamisch, Bedürfnisse ändern sich. Bleiben Sie flexibel und passen Sie die Versorgung an, wenn nötig.
Egal welches Modell Sie wählen: Am Ende zählt die Lebensqualität Ihrer Angehörigen, ihre Würde und Selbstbestimmung – und Ihre eigene Entlastung als pflegende Person. Häusliche Pflege, ob durch ambulanten Dienst oder 24-Stunden-Betreuung, ermöglicht das Leben in den eigenen vier Wänden so lange wie möglich. Und das ist unbezahlbar.
Lassen Sie sich professionell beraten, nehmen Sie sich Zeit für die Entscheidung und vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl. Sie kennen Ihre Liebsten am besten und wissen, was sie brauchen. Mit den Informationen aus diesem Ratgeber sind Sie bestens vorbereitet, die richtige Wahl zu treffen.

Kostenlose, individuelle Beratung zur 24-Stunden-Betreuung – unverbindlich und kompetent
Angebot anfordern Beraten lassenHinweis: Dieser Artikel dient der Information und ersetzt keine professionelle medizinische oder rechtliche Beratung. Alle Angaben zu Kosten, Förderungen und Leistungen entsprechen dem Stand 2025 und können sich ändern. Die genannten Kostenbeispiele sind Durchschnittswerte und können regional variieren. Für eine individuelle Beratung zu Ihrer Pflegesituation wenden Sie sich bitte an Ihre Pflegekasse, einen Pflegestützpunkt oder spezialisierte Beratungsstellen. Stand: Oktober 2025